Geschichte + Geschichten
Die abgebildeten Objekte vergegenwärtigen verschiedene Kapitel der Historie, vor allem aber menschliche Geschichten.
Beiträge zum Workshop „Karfunkelschein“
(Veranstaltung der Stiftung Gold- und Silberschmiedekunst in Schwäbisch Gmünd im Jahr 2011)
„Karfunkelschein“ – ein Begriff wie ein Programm: aus edlen (Glas)Steinen und schönem Schein. Märchen, Magie, Herkunft und Heimat schwingen in ihm mit und vereinigen sich in einem Wort: Prade. Die 1922 von Richard Prade in Gablonz gegründete Modeschmuck-Firma bestand von 1948 bis 1995 in Schwäbisch Gmünd fort. Noch heute liegen im ehemaligen Firmensitz wohlgeordnet in Schränken neben Halbware eine große Anzahl von Glassteinen, Glasperlen, Ketten und sonstigen Materialien, die eine neue Verwendung suchen und für den Workshop zur Verfügung stehen.
Textpassage aus der Ausschreibung des Workshops
In Annäherung an die Arbeitswelt der Firma entstand eine Gruppe von Emaille-Broschen, deren gestalterischer Fokus ganz auf die grafischen Motiv-Verzerrungen und schwungvollen Bögen des Trägerblechs gerichtet ist, die sich beim Auswalzen von Metall-Halbteilen der Firma Richard Prade ergaben. Die Objektserie habe ich in Vorbereitung des Workshops gestaltet. Deshalb und trägt sie den Titel „Prade-Prélude“.
Text: Beate Eismann
Ich erinnere mich der Neugier, die ich empfand, als ich erstmals die Räumlichkeiten der Firma Richard Prade betrat. Die Vielfalt der dort lagernden Schmuckmaterialien sprengte mein Vorstellungsvermögen. Doch war es nicht nur der Genuss bei der Betrachtung der Halbteile und Glassteine, der meinen Blick immer wieder durch das Firmenmobiliar schweifen ließ. Mich überwältigte, wie stark sich in den Räumen die Firmengeschichte mitteilt. Ich begann zu ahnen, wie verzweigt das Zuliefer- und Handelssystem des Unternehmens ehemals gewesen und welchen logistischen Herausforderungen man bei seiner Führung begegnet sein musste.
Gerade die letztgenannten Aspekte sind zum Anliegen meiner Arbeit mit den Prade-Hinterlassenschaften geworden. Materialverpackungen, ihre Beschriftung, Geschäftspapiere und handschriftliche Lagernotizen geben von der überregionalen Vernetzung der Familie Prade und ihrem wohldurchdachten „Betriebssystem“ Zeugnis. Ich spüre dem in den hier gezeigten Schmuckstücken nach…
Text: Beate Eismann
Zusammenarbeit mit dem Museum für Druckkunst Leipzig
(Anlass: Ausstellung „Beate Eismann. Schmuck und Druck“ in diesem Museum im Jahr 2012)
Im Rahmen unserer Zusammenarbeit mit Beate Eismann öffneten wir die Sammlung an Druckklischees des Museums für das geplante Schmuckprojekt. Da wir einen wirklich SEHR großen Fundus beherbergen, war die Auswahl an geeigneten Motiven entsprechend vielfältig. Beate Eismann wählte über mehrere Schritte etwa 60 Klischees aus. […] Die weiteren Schritte vollzogen sich in ihrer Hallenser Werkstatt […] Bemerkenswert finde ich den folgenden Aspekt: Klischees sind industriell hergestellte Objekte, die in einer Reihe mit vielen anderen ihrer Art stehen. Sie sind Mittel zum Zweck und in den Sinne nichts „Exponiertes“. Durch die Überführung der Klischees in zeitgenössischen Schmuck werden sie nun nicht nur in einen neuen Kontext überführt, Ihnen wird zugleich auch der ursprünglich mechanisch-industrielle Charakter genommen.
Auszüge aus der Rede der Ausstellungskuratorin Christine Hartmann zur Eröffnung der Ausstellung im Museum für Druckkunst Leipzig, Juni 2012
Beitrag zur Ausstellung „ausgezeichnet! most excellent!“ im Wasserschloß Klaffenbach, Chemnitz
(2015/2016 veranstaltet vom Chemnitzer Künstlerbund e.V., in Kooperation mit der C3 Chemnitzer Veranstaltungszentren GmbH 14-18 WARWAS ‒ geteilte Erinnerungen)
Wir suchen nach modernen Helden, nach Symbolen und Zeichen, mit denen wir sie aus der Menge hervorheben können. Lange bevor es Orden und Ehrenzeichen im modernen Sinne gab, bediente man sich in zahlreichen Kulturen tragbarer Dekorationen zur Auszeichnung und öffentlichen Kenntlichmachung verdienter Persönlichkeiten. […] Sie waren und sind Formen nonverbaler Kommunikation, machen die Identifizierung und soziale Einordnungen von Individuen möglich, oder können sie verschleiern.
Auszug aus dem Ausschreibungstext der Veranstalter
Ende 1991 stirbt Karl O., Jahrgang 1898. Einsamkeit hat seine letzten Jahre geprägt. Eine Biografie mit Brüchen, berichten die Nachbarn, zwei Weltkriege, zwei Soldatenleben darin verankert. Sein geringer Hausstand wird aufgelöst und eine Zigarrenkiste mit Briefmarken findet auf Umwegen ihren Weg zu mir: ein menschliches Schicksal, reduziert auf eine Handvoll Marken.
Text: Beate Eismann
Beitrag von Beate Eismann zum Wettbewerb „Beautiful Mind: Ein Schmuckstück für Cranach“
(Kunstwettbewerb ausgelobt im Jahr 2015 anlässlich des 500. Geburtstages von Lucas Cranach dem Jüngeren durch die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt in Kooperation mit der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt)
Der Lucas Cranach dem Jüngeren gewidmete Halsschmuck „ABSENCE = PRESENCE“, der mit dem 2. Platz prämiert wurde, würdigt Leben und Werk dieses Sohnes der Stadt Wittenberg.
Über Zitate seines Schaffens, genauer seiner Porträtkunst, welche größtenteils im Kontext höfischer Auftragskunst entstand, verweist er auf den geistesgeschichtlichen Rahmen der Renaissance.
Durch objektspezifische Mittel stellt der Halsschmuck jedoch auch Verbindungen zur Mode und zu Schmuckgebräuchen jener Epoche her, welche auf ihre Weise das zeittypische Menschenbild widerzuspiegeln vermögen. Der menschliche Körper erfuhr in der Kleidung des 16. Jahrhunderts partiell Enthüllung. Andererseits umfingen ihn neue, schwere Stoffe, wie Brokat, Samt, Atlas und Seide. Schlitzungen und Fütterungen, besonders an den Ärmeln, verstärkten die sinnliche Ausstrahlung der Gewänder.
Der Umstand, dass weibliche Figuren die Gestaltung des zum Wettbewerb eingereichten Schmucks prägen, möchte die Stellung der Frau innerhalb der Hofgesellschaft thematisieren. Obwohl vom Ehestand bzw. ihren Familien abhängig und von Ämtern weitgehend ausgeschlossen, nutzten Hofdamen und Fürstinnen ihre persönlichen sozialen Netzwerke, um an politischen Entscheidungsprozessen teilzuhaben. Die Umrisslinien, die sich im Schmuckstück zu Rotationskörpern wandeln, wurden dem „Bildnis der Agnes von Hayn“ (1543, Buchenholz, 60 x 44 cm), dem „Bildnis einer Edelfrau“ (1564, Lindenholz, 83 × 64 cm) und dem „Porträt einer Dame“ (o. J., Öl auf Holz, 61 x 39 cm) entnommen. Der vierte Umriss entstammt dem Werk des Vaters, Lukas Cranach dem Älteren. Es handelt sich um „Judith mit dem Haupt des Holofernes“ (1530, Lindenholz, 80 x 56 cm) und lässt anklingen, wie sehr die Arbeit des Jüngeren auf jener des Älteren fußt und wie stark die Mitglieder der Malerfamilie künstlerisch miteinander verbunden waren.
Text: Beate Eismann
Beitrag zum Wettbewerb zur Neugestaltung des Katharinenaltars im Dom zu Magdeburg
(Gestaltungswettbewerb im Jahr 2009 ausgelobt durch die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt)
Der gotische Katharinenaltar aus dem Jahr 1311 steht vor dem spätgotischen Lettner in der Hauptachse des Langhauses und tritt mit diesem durch seine Architektur in eine spannungsvolle Beziehung. Seit seiner Einweihung ist er der Hl. Katharina von Alexandrien geweiht. Der Katharinenaltar wies bisher zwischen den Fialen des Aufsatzes und in der Mittelnische deutlich erkennbare Leerstellen auf, die schmerzhaft auf den Verlust einer früheren Ausschmückung hinweisen. Dokumente, die Auskünfte über die ursprüngliche Gestaltung des Altars geben, sind nicht bekannt. Die Idee einer künstlerischen Neugestaltung des Altars zielte auf die Neugestaltung jener Leerstellen. Der Wettbewerb strebte keine historisierende Darstellung an, sondern eine zeitgemäße Gestaltung, die des Domes würdig und die zum praktischen Gebrauch im Gottesdienst geeignet ist. Der Prozess war einstufig und beschränkt, wobei das Kuratorium Einladungen zum Wettbewerb aussprach.
Wettbewerbsbedingungen